Crash Test Dummy Körber

 

Truck-Rennen sind für heiße Duelle bekannt und ziehen die Fans in Scharen zu den europäischen Rennstrecken. Doch was mittlerweile auf den Strecken passiert, gehört in die Rubrik Hauen und Stechen und hat teilweise nichts mehr mit Motorsport zu tun. Gerd Körber gehörte nicht nie zu den zimperlichen Fahrern, doch was sich jetzt das zweite Wochenende auf der Strecke abspielte, rang ihm nur noch ein Kopfschütteln ab. Trotz der gehäuften Unsportlichkeiten scheinen sich die FIA und die Stewards blind und taub zu stellen. Dies gilt nebenbei bemerkt nicht nur für das Truck-Race. Dazu später mehr.

Samstag:

Das Zeittraining verlief für die „Schwaben“ in gewohnter Weise. Man erreichte locker die Super-Pole und musste mit Platz 7 vorlieb nehmen. Körber haderte mit seinem Platz: „Eigentlich sind wir vorne mit dabei. Auf Platz 3 fehlten gerade mal 3/10 Sekunden. Aber irgendwie soll es nicht sein, ich stehe wieder in der gewohnten 4. Startreihe.“ Der Start zum ersten Rennen war sehr gut. Der IVECO tauchte schnell auf der 4. Position auf. In der Haarnadelkurve hatte Anthony Janiec wieder einmal den Bremspunkt ins Nirgend- wo verlegt und krachte Körber ins Heck. Dabei drehte er den IVECO komplett um. Obwohl der Truck an einer neuralgischen Stelle stand, sah die Rennleitung keinen Grund abzubrechen. Dabei konnte Körber nicht mehr losfahren: „Durch den Aufprall hatte sich der Hauptschalter der Elektrik gelöst. Ich dachte, das Rennen wird abgebrochen, aber man zeigte an der Unfallstelle nur die gelbe Flagge. Ich musste, während das Rennen lief, aus dem Truck klettern und den Hauptschalter wieder umlegen. Während- dessen kam das ganze Fahrerfeld wieder auf die Kurve zu. Sowas ist völlig unverantwortlich.“ Durch diese Wahnsinnsaktion konnte Körber den Truck wieder bewegen und fuhr mit einer Runde Rückstand hinterher. Kurz vor Ende des Rennens konnte er sich bei Ellen Lohr und Sascha Lenz entrunden. Es blieb der 15. Platz, mit der drittschnellsten Runde zeigte er auf, dass mehr drin gewesen wäre.

Vom letzten Platz aus nahm Körber das zweite Rennen auf. Schnell war er neben André Kursim auf Platz 11. In der berüchtigten Haarnadelkurve kamen beide im wahrsten Sinne des Wortes Rad an Rad aneinander. Kurz darauf war das Rennen für Körber beendet. Lange gab es im Team Rätselraten wegen des Ausfalls. Nach dem Rennen gab es dann die Auflösung vom Fahrer: „Kursim ist mir auf das linke Vorderrad gefahren. Zuerst dachte ich, dass es nicht weiter schlimm sei, doch beim Einlenken in die zweite Kurve ging’s nur noch geradeaus. Die linke Federung war gebrochen.“ Für das gesamte Team war dies ein Samstag zum Vergessen. Es konnte am darauffolgenden Sonntag nur besser werden. 

Sonntag:

Bereits im Warm-Up ließen die Zeiten aufhorchen und im Zeittraining konnte man die Performance mit Startplatz 5 umsetzen. Daneben setzte ein leichter Nieselregen ein. Das spielte dem Schwabentruck Team in die Karten. Ein Platz auf dem Podium war nicht mehr unerreichbar. Rechtzeitig zum Start setzte der leichte Regen wieder ein, für eine nasse Strecke war es zu wenig. Für die „Schwaben“ und Gerd Körber sollte es ein hochspannendes Rennen werden. Von Anfang an gab es einen Mehrkampf zwischen Steffi Halm, Rene Reinert und „Freund“ Anthony Janiec Stoßstange an Stoßstange. Halm machte einen ihrer seltenen Fahrfehler, das nutzte Körber aus und schob sich auf den dritten Rang. Im weiteren Verlauf des Rennens musste Janiec mit Lenkungsproblemen aufgeben. Das Podium war zum Greifen nah, da fasste sich Rene Reinert ein Herz und schob seinen blauen MAN am IVECO vorbei. Im Ziel fehlten Körber letztlich 8/10 Sekunden zum Sprung auf das Podest. Trotz dem bitteren vierten Platz war Körber zufrieden. „Sicher ist es bescheiden, wenn man so kurz vor Schluss noch auf den vierten Platz verdrängt wird. Aber jetzt konnten wir bestätigen, dass unser Truck konkurrenzfähig ist. Immerhin gelang mir die zweitschnellste Runde des Rennens. Das zeigt, wir können mithalten. Jetzt benötigen wir nur noch das Quäntchen Glück.“ 

Zum abschließenden Rennen war das Glück aber vorzeitig abgereist. Bei einigen Fahrern hatte man auch den Eindruck, sie wurden zusätzlich von den Sinnen verlassen. Von den 11 Fahrern, die ins Ziel kamen, hatte keiner mehr einen unbeschädigten Truck. 

Am Start ging es noch gesittet zu. Die üblichen Rangeleien vor der ersten Kurve akzeptieren die Fahrer. Dann erhielt Körber einen heftigen Schlag bis ins Cockpit. Adam Lacko war auf das Heck des IVECO geknallt Die Radabdeckung ging ab und der Heckschutz streifte am Rad. Der Truck lag sehr gut auf der Strecke und Körber blies zu Attacke auf Norbert Kiss. Kurz darauf rauschte Kiss in den IVECO und schlitzte den Hinterreifen auf. Zusätzlich leistete der verbogene Heckschutz ganze Arbeit und hatte den zweiten Reifen durchgeschliffen. Damit war auch dieses Rennen vorzeitig beendet. Sieger des Rennens wurde Jochen Hahn vor Adam Lacko, deren Trucks ebenfalls starke Beschädigungen aufwiesen. Nach dem Rennen gab es heftige Diskussionen in der Rennleitung und bei den Stewards. Insgesamt 8 Fahrer mussten vorsprechen, fast das gesamte Feld fuhr „Under Investigation“. Bereits bei den letzten Rennen ließen einige Fahrer jegliche Hemmungen fallen und fuhren alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Die Trucks sahen oft aus, wie gerade vom Schrottplatz geholt. Strafen seitens der Rennleitung? Fehlanzeige. 

Dafür hagelte es drakonische Strafen, wenn man am Start 2, 3, 4 km/h zu schnell war! Gerd Körber, live mit dabei, war nach der Sitzung stinksauer: „Da fahren mir die Kollegen das ganze Wochenende in den Truck und wer muss mit bei der Rennleitung antanzen? Ich! Das war ja wohl der gespielte Witz. Gerade wir, die wir das ganze Wochenende die Leidtragenden waren. Ich weiß nicht, was und ob die Stewards auf ihren Bildschirmen sehen. Wir alle wurden verwarnt. Sollte einer von uns eine Aktion in Zolder haben, wird dieser für ein Rennen gesperrt. Da lass ich mich mal überraschen.“

Die Punkteausbeute war in Most leider bescheiden. Insgesamt 10 Punkte konnte man auf der Habenseite gutschreiben. Mit insgesamt 85 Punkten liegt Gerd Körber auf dem 7. Platz.

Bereits am 16. – 18.09.2016 geht es im belgischen Zolder weiter. Trotz aller Widrigkeiten freut er sich auf die Rennen: „Erstens ist es eine meiner Lieblingsstrecken und zweitens ist unser IVECO absolut konkurrenzfähig. Ein Podiumsplatz ist greifbar.“ 

                                                       ©Text: Michael Friedel, Meisenweg 10, 35745 Herborn